Django Asül meisterte seinen erstmaligen Auftritt im Theatersaal des Kurgastzentrums wie gewohnt mit Bravour. Die Atmosphäre und die große Bühne hat er sichtlich genossen. Barbara Titze berichtete darüber im Reichenhaller Tagblatt vom 11.12.2012:

 

Ein frech-witziger satirischer JahresrückblickFoto: Barbara Titze

Django Asül macht vor nichts und niemanden halt - Von Fußball bis zum Bundespräsidenten

BAD REICHENHALL - „Wer nach vorn fährt, sollte den Blick nach hinten nicht vergessen“, so der türkischstämmige Niederbayer, der 1972 als Ugur Bagislayici „erstmals veröffentlicht“ wurde. Der gelernte Bankkaufmann und Tennislehrer, allseits bekannt als Kabarettist, Kolumnist, Fastenredner, Schauspieler und „Botschafter Niederbayerns“  betrachtet in seinem  Programm „Rückspiegel“ gewohnt frech, witzig und ohne ein nennenswertes  Blatt vor den Mund zu nehmen alles, was sich 2012 so ereignet hat, von Politik bis Sport, von Merkel bis Zwanziger.

Das Kurgastzentrum, sozusagen das  „Festspielhaus von Reichenhall, dem Las Vegas von Bayern“, gefällt dem Kabarettisten. Das Publikum sei „international“, viele von weither angereist und das erste Mal in Bad Reichenhall, so einige aus Piding und sogar aus Bayerisch Gmain.

Asül fallen auch sofort einige jüngere Gesichter im Publikum auf, die das Vorurteil widerlegen, dass die heutige Jugend Kopfschmerzen bekommt, wenn sie mitdenken muss. Und dann ist er schon mittendrin im Geschehen.

Der Klimagipfel wird gestreift, der sinnigerweise in der Stadt mit dem weltweit größten CO2-Ausstoß stattfindet, weil „es eh kein Ergebnis gibt und man sich danach wenigstens noch in die Sonne legen kann.“ Er erwähnt das wegen des „Schwarzgeldabkommens“ frostige Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz, wo er vor kurzem kontrolliert wurde und auf die Frage „Haben Sie Waren dabei“ die nicht wirklich weiterführende Antwort parat hatte: „Wieso, sind Sie Hehler?“

Um das gute Verhältnis wenigstens zwischen Österreich und Deutschland zu fördern, wurde der Fußball bemüht. „Egal, wie blöd wir uns anstellen, die Österreicher toppen es eh noch.“ Aber der Fußball kann auch Traumata bei den Deutschen hervorrufen, so wie beim Spiel FC Bayern gegen Chelsea, bei dem die Bayern gefühlsmäßig haushoch gesiegt hatten, aber die Statistik leider etwas anderes sagte. Beim Spiel Deutschland-Italien hatte die „Nivea-Lätschn Jogi Löw“ eine Erklärung: „Die Nationalelf macht alles richtig, sie setzt es nur falsch um.“ Und dann kam das desaströse 4:4, Schweden – Deutschland. Für die Bewältigung dieses Traumas wurde Theo Zwanziger als Korruptionsberater geholt. „In Wahrheit ist Zwanziger ein falscher Fuffziger“. Schließlich musste ein Motivationsseminar für Fußballer her: „Das Mögliche möglich machen. Referent Lance Armstrong“.

Manchmal schreiben Fußballer auch Bücher, so wie der Mann der „fränkischen Hochkultur“, Lothar Matthäus. Der Titel: „Ganz oder gar nicht.“ Laut Asül meinten Leute, die es gelesen haben, „dann lieber gar nicht.“ Dazu zitiert Asül auch eine besonders prägnante Stelle aus dem Buch, das er „irgendwo zwischen Günther Grass und Wim Wenders“ ansiedelt: „Ein Lothar Matthäus braucht keine dritte Person, er kommt sehr gut alleine zurecht.“

Aber auch Politiker haben für Asül ihre Reize. „Gabriel und Steinbrück wirken beide sehr sympathisch, wenn zwischen ihnen Andrea Nahles steht.“ „Steinbrück ist nicht bestechlich, nur käuflich.“ Merkel will „die europäischen Pleitestaaten solange alimentieren, bis diese in der Lage sind, für Deutschland zu bürgen.“ Bei Merkel mache sich Wankelmut bemerkbar, bei Seehofer dagegen „konstante Flexibilität“.

Das Betreuungsgeld stelle die Eltern vor die Entscheidung, ob sie die Kinder lieber daheim lassen oder in die nicht vorhandene Kita bringen wollen, und ob sie das Geld lieber in Sechs-Ämter-Tropfen oder in Jägermeister investieren sollten. Andererseits entgehen seiner Meinung nach „Kinder von Migrantinnen und Bildungsfernen der Gefahr von Burn-out“.

Die Energiewende bringt natürlich auch Probleme mit sich. Da soll der Wind „mit elektrobetriebenen LKW von der Nordsee in den Schwarzwald gebracht werden“, um die Windräder anzutreiben, denen dort der Wind fehlt. In solchen Aktionen sieht der Kabarettist die Verwirklichung des „bedingungslosen Grundeinkommens“ für die Industrie.  Pflegeheime im östlichen Ausland für das „Oldie-Outsourcing“ seien für Deutschland als erfolgreiche Exportnation nicht nur eine Möglichkeit der kostengünstigen Entsorgung, sondern sorgten außerdem dafür, dass die osteuropäischen Pflegekräfte daheim bleiben könnten und hier nicht das Straßenbild verschandeln würden, außerdem kämen die Alten auch mal wieder in Regionen, „die sie 1945 umständehalber verlassen mussten“.

Nachdem diskriminierende Behandlungen aufgrund der Hautfarbe untersagt sind, stellt sich dem Kabarettisten die Frage, ob solche Kontrollen nur noch von farbenblinden Polizisten durchgeführt werden dürften. Und ob man einen Schwarzen wohl kontrollieren dürfe, wenn man den Weißen nebendran frage, ob er ein Schwarzfahrer sei?

Stoff zu nicht immer ganz ernsthaften Überlegungen bietet natürlich die EU, ob bei der Ernährung der Kinder („Skandinavier haben die schlanksten Kinder, weil diese die mediterrane Kost bevorzugen“) oder der Vergabe des Friedensnobelpreises. „Noch nie in der Geschichte der Menschheit wurde ohne eine einzige kriegerische Handlung ein so großer Schaden begründet.“ Asül schlägt vor, statt der NPD erst mal aus Testzwecken die FDP zu verbieten. „Es ist schwerer, der NPD Gewalt nachzuweisen, als der FDP Sinnhaftigkeit.“

Interessant findet er den Vorschlag von der Leyens, die ehemaligen Schlecker-Mitarbeiterinnen zu Erzieherinnen umzuschulen. „Wer 10 Jahre lang Regale einräumt, kann auch auf Kinder aufpassen, sie musste oft genug ihre Kinder ins Regal räumen.“ Als Mutprobe des Jahres bezeichnet er das Schulessen in Deutschland. „Bei einem Materialeinsatz von 50 Cent darf man sich nicht fragen, ob die Vitamine überleben, da kann man froh sein, wenn die Kinder überleben.“

Beim Großprojekt Berliner Flughafen handelte es sich wohl um einen Zahlendreher. Denn man liege voll im Plan, bis 2310 sei der Flughafen fertig. Dieser werde übrigens Edmund-Stoiber-Airport heißen, weil er  aufgrund des Länderfinanzausgleichs jetzt eh schon Bayern gehöre.

Den größten Absturz des Jahres habe Felix Baumgartner hingelegt, die „fliegende Red-Bull-Dose.“ Womit bewiesen wäre, „dass die Gravitation auch bei Österreichern funktioniere.“ Den größten nationalen Absturz hätte dagegen Christian Wulff erlebt, dessen Gattin wegen der Eintragungen in Google in einen Rechtsstreit verwickelt wäre. „Da haben Prostituierte geklagt, die wollten nicht mit Bettina Wulff in einen Topf geworfen werden.“ Ude ist sich nicht sicher, ob Nürnberg zu Bayern gehört und Seehofer wundert sich, dass Albrecht Dürer nicht ans Telefon kommen kann, weil er längerfristig verhindert ist.

Gut dass die Bayern Django Asül haben. Zumindest er weiß, wo´s lang geht. Und sicherlich kann er auch 2013 genügend Stoff sammeln, um uns dann wieder zu erzählen, was alles schief gelaufen ist. Prost Neujahr!

Foto: Barbara Titze